26 November 2008

Die Stimme der Metro-Tram

Heute bin ich das zweite Mal in meinem Leben Tram gefahren. Bin nun einmal selten im Osten Berlins. Wie auch immer, heute musste ich, weil ich mich mit einer Freundin zum Mittag verabredet hatte. Auf dem Weg dorthin ist mir aufgefallen, dass die Ansagestimme nicht die gleiche ist wie in den Bussen. Sie ist viel außergewöhnlicher. Ich habe noch nie jemanden so wehmütig Zionskirchplatz sagen hören. Also wenn ihr mal eine ordentliche Portion Depri braucht, euch der Anblick von Emus jedoch nicht mehr traurig genug ist, dann fahrt Tram in Berlin. Es lohnt sich.

22 November 2008

Bento #27 & #28

Komme in letzter Zeit seltener dazu, Bentos für mich zu bereiten. Beim Praktikum gehen wir mittags oft essen. Aber da das auf Dauer zu teuer wird, gibt's demnächst häufiger was selbst gepacktes.

Bento #27



obere Box: Gewürzgurken und Nektartomaten, eine Pflaume

untere Box: Rahmchampignons, Mehrkornbrotstreifen und Gurkenscheiben

Bento #28



Vollkornbagel mit Hähnchenbrust und Gemüseaspik, Pomelo, Oliven mit Paprikafüllung, Banane, Physalis und gegrillte Paprika.

21 November 2008

S-Bahn-Fahrer der Woche III

Diese Woche hatte ich auch die Auswahl zwischen zwei Kandidaten. Eine Frau, deren Klingelton "Happy Birthday" war, und ein Mann, der sein Kreuzworträtsel so wichtig gelöst hat, als wäre es weltbewegend.

Ich finde, dass der Rätsler gewinnen sollte. Erstens kann es ja sein, dass die Frau tatsächliche Geburtstag hatte und zweitens hat mich der Mann dabei sosehr an den Hausmeister aus Scrubs erinnert. Er saß da, hat gewichtig sein Beine übereinandergeschlagen, seine Stirn in tiefe Falten gelegt und sich ständig übers Kinn gestrichen. Ein sehr erhebender Anblick. Weil ich jetzt endlich weiß, wie es ist, dem Hausmeister im wahren Leben zu begegnen. Und wer hat sich diese Frage noch nicht gestellt?

18 November 2008

Comme des Garcons

Mir juckt es echt in den Fingern. Am liebsten würde ich jedem AK auf eBay schreiben: "Leute, die H&M nich tragn sondan weeterverkoofen könn we hier nich leiden!" Nicht, dass ich die neue Kollektion von H&M gern gehabt hätte. Ich hätte ohne Probleme Punkt zehn vor den Türen gestanden und mir mein Lieblingsteil gesichert. Hab ich aber nicht. Andere jedoch kaufen, wie zu jeder neuen Designer-Kollektion, einfach drauf los. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und verkaufen dann überteuert weiter. Kann man dagegen nicht Regeln einführen? eBay erlaubt den Weiterverkauf erst nach einem Jahr oder so was. Wenn also das nächste Mal Marc Jacobs die Designfeder schwingt, dann wünsche ich kein Teil davon mehr auf eBay zu entdecken. Vielen Dank.

12 November 2008

S-Bahn-Fahrer der Woche II

Ja, ja, schon wieder zu früh. Aber ich hatte heute gleich zwei lustige Mitfahrende. Der erste hat innerhalb von 20 Minuten drei Bananen gegessen, und dabei sogar noch ein paar in seiner Tasche gehabt. Wenn das mal nicht einseitige Ernährung ist... :-P

Der zweite war eigentlich nicht wirklich lustig. Im Gegenteil. Als seine Station angekündigt wurde, hat er sein Softcover-Buch gepackt und in seine Tasche geknittert. Lieber Leser, so behandelt man bestenfalls die BILD-Zeitung, höchstens noch Reclam-Hefte. Und selbst letzteres ist nicht die feine Art!

Bento #26

Ziemlich deutsches Bento, nicht wahr? Es gibt Sonnenblumenkernbrot mit Gewürzgurken und Chili ... Ist jetzt auch nicht sonderlich aufwendig, aber ich fand ganz hübsch, wie ich das Brot arrangiert habe. Und die Noten harmonieren so schön mit den Gurken. Sorry, bin heute albern.

Bento #25

Endlich ein neues Bento! Und zwar das von vorgestern. Bei meinem Praktikum gehen wir häufiger zu Mittag essen, deswegen habe ich nicht immer die Gelegenheit. Aber vorgestern und auch heute hab's und gibt's was Selbstgepacktes.


Cinnamoroll-Box: leckere BioBo-Topfencreme mit Waldfruchtgeschmack

Obere Box: Mehrkornbrot mit Putenbrust, Gurken und Senf, selbstgebackenen Brownies mit geriebenen Orangenschalen und Walnüssen

Untere Box: Kiwischeiben, Paprikastückchen, eine Mandarine, ein Napoleonbonbon und ein Erdbeer-Gelee-Herz

09 November 2008

In einer kleinen Stadt

Rainald Grebe hat in seinem Lied "Brandenburg" ziemlich treffend beschrieben, was man über dieses Bundesland rund um unsere Hauptstadt wissen muss. Nun ja, und dort bin ich aufgewachsen. In einer kleinen Stadt in der Prignitz.

Nach dem Kaffee wollte ich eigentlich nur die Dämmerung fotografieren- doch sind meine Füße einmal in Bewegung, können sie nicht mehr aufhören. Dann ist ihnen auch egal, ob ich zu meinem Rock lediglich Kniestrümpfe trage oder die Frage, ob eine dünne Strickjacke auch im Herbst genügend Wärme spendet. Sie laufen einfach weiter.

Kaum war ich unterwegs, als mich auch schon die Nostalgie gepackt hat. Als erstes bin ich zu dem Haus gelaufen, in das meine Eltern nach meiner Geburt gezogen sind. Heute ist es sehr heruntergekommen und das einzige Haus in der Straße, das zu marode ist zum Begehen. Also bin ich weiter. Vorbei am Kulturhaus, wo ich mein Abiturzeugnis überreicht bekommen habe. Vorbei an der Bibliothek, in der ich während meiner Schulzeit den halben Nachmittag verbracht habe. Vorbei an meinem Gymnasium, wo ich soviel Spaß hatte, aber auch oft sehr unglücklich war.

Ich bin zum alten Kastanienplatz gelaufen, wo ich zu Kindergeburtstagen mit meinen Freunden Sackhüpfen gespielt habe- oder Eierlauf. In der Nähe waren die Plattenbauten, in denen ich aufgewachsen bin, kurz nachdem meine kleine Schwester geboren war. Im Zentrum dieser Siedlung habe ich Skaten gelernt, habe ich meinen ersten "Todessalto" bewältigt, haben wir "Bandenkriege" zwischen Jungs und Mädchen ausgetragen. Dort ist mein Wellensittich gestorben, den ich nicht betrauern konnte, weil ich meine Schwester und meine Mutter trösten musste. Kurz bevor diese Siedlung zu einem Ghetto verkommen ist, sind meine Eltern mit meiner Schwester und mir weggezogen. Vor einigen Jahren wurden die Häuser schließlich eingeebnet.

Dann war ich bei meiner alten Grundschule. Wo ich einen Rekord im fehlerfreien Lesen englischer Texte aufgestellt habe. Wo ich dem Bösewicht der Klasse eine Abreibung verpasst habe, die er gewiss bis heute nicht vergessen hat. Wo ich meine Liebe zur Kunst entdeckt habe. Und wo mittlerweile höchstens die Hälfte der Klassenräume benutzt werden und die Realschule nebenan schon längst abgerissen wurde- wie, um der Grundschule ihre Zukunft vorherzusagen.

Zurück zu Hause war ich ziemlich traurig. Man fühlt sich doch ziemlich entwurzelt, wenn vieles, was einem vertraut ist, verschwunden ist. Meine Eltern belagern zusammen mit einigen anderen Familien zwar noch das Wohnhaus, in dem wir seit meiner Grundschulzeit zusammen gelebt haben – aber wie lange noch? Irgendwann verschwindet auch das. Die Jugend wandert ab, das Alter stirbt aus, und zurück bleibt eine Geisterstadt, deren alter Glanz schon vor langer Zeit vergessen wurde. Deswegen hasse ich es, nach Hause zurückzukommen. Weil ich eigentlich immer unglücklich abreise.

07 November 2008

Der S-Bahn-Fahrer der Woche

Eine neue Kategorie. Da ich wegen meines Praktikums täglich eine Stunde in der S-Bahn zubringe, treffe ich mit den verrücktesten Leuten zusammen. Gestern hatte ich einen Gecken und ich wage zu behaupten, der wird auch heute nicht mehr übertroffen. Also: er kommt rein, setzt sich hin, starrt in die Fensterscheibe und richtet erst einmal den Ansatz seines Bürstenhaarschnittes. Guckt weg, bewundert sich wieder und streicht über seine Augenbrauen. Dann bemerkt er, dass er nicht allein ist und ist traurig. Aber zum Glück gibt es vor ihm eine weitere Scheibe. Da sie nicht so dunkel mit Nacht hinterlegt ist, wirft sie natürlich kein so klares Bild zurück. Dafür ist es aber nicht ganz so auffällig, wenn man sich darin in seiner ganzen Herrlichkeit bewundert. Und somit saß ein glücklicher Geck vor mir.

28 Oktober 2008

Vor Gott und dem Bürgeramt sind alle gleich

Da ich morgen ein Praktikum anfange, aber keine Lohnsteuerkarte hatte, bin ich heute ins Bürgerbüro gegangen. Naja, und die Bürgerämter werden momentan durch ver.di bestreikt... Als ich ankam war gerade die Nummer 113 dran, ich habe die 198 bekommen. Was unermessliche Wartezeit bedeutet. Mein Freund und ich sind dann also mit der Nummer in der Tasche erst einmal für eine Dreiviertel Stunde in ein Buchantiquariat gegangen, und als wir wieder zurück waren, wurde gerade die 123 aufgerufen. Aus Mitleid und weil geteiltes Leid eben nicht unbedingt halbes Leid ist, habe ich meinen Freund nach Hause geschickt. Ich hatte gute Lektüre dabei. Da ich bei bestimmten Büchern gerne über das Gelesene nachdenke, hat mich das jedoch nur eine Stunde beschäftigt. Da waren aber auch schon die meisten gegangen. "Toll", denke ich, "dann muss ich ja bald dran sein." Dreizehn Nummern vor meiner wird mir ein Schnippchen geschlagen. Zwanzig Minuten lang wird keine neue Nummer aufgerufen. Zu allem Überfluss quetscht sich trotz mannigfaltiger Sitzmöglichkeiten eine riesige Kapuze in meinen Rücken. Also wechsle ich den Platz. Nicht weit genug, wie sich herausstellt. Eine Bekannte ruft an, und jetzt erfahre ich alles über die namenlose Kapuze. Was sie studiert. Dass sie Probleme damit hat. Dass sie sich nebenbei als Model über Wasser halten will. Dass sie über Weihnachten zwei Wochen mit ihrem Freund nach Thailand fährt. Dass sie die Erste ist, mit der er es wirklich ernst meint. Dass sie eine Familie planen. Und letztlich, dass ich, wäre ich ihre Freundin, ihr niemals ein Geheimnis anvertrauen würde. Ganz schön viele Informationen für eine Kapuze ohne Namen. Kurz darauf werde ich aufgerufen. Die Kapuze plappert natürlich noch munter weiter. Ich gehe zu der Beamtin - und nach einer Minute bin ich auch schon draußen. Und nur, weil die Post letztes Jahr meine Lohnsteuerkarte nicht zugestellt hat. Beim nächsten Mal biete ich Geld und packe meinetwegen noch eine Bento-Box oben drauf, nur um zu einer besseren Nummer zu tauschen. Irgendeiner wird gierig genug sein oder genug Zeit zur Verfügung haben, um darauf einzugehen.